Christine Bender

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Ein anderes „Wie“ in der Politik

„Westerwelle hat recht, wenn er sagt: Wer voll beschäftigt ist, muss mehr Geld in der Tasche haben.“ Beifall gab es am Freitagabend in der Steigerwaldhalle für diesen Ausspruch von Barbara Stamm beim politischen Ascherfreitag der Landkreis CSU in Wiesentheid.
Aber es wäre nicht die Landtagspräsidentin, immerhin die erste Frau im Freistaate – und es wäre auch nicht das „soziale Gewissen der CSU“, wenn Stamm da nicht noch einen Zusatz hätte. Und der kam prompt: „Wenn es dann aber immer mehr Vollzeit-Beschäftigungsverhältnisse gibt, bei denen es nicht ausreicht, dann führt das zu Unsicherheiten bei den Menschen.“
Es ist eine nachdenkliche Rede der Landtagspräsidentin und es ist eine lange Rede. 75 Minuten steht Stamm am Rednerpult, spricht frei und man merkt schnell: Da hat jemand viel auf dem Herzen. Natürlich muss sie, wie zuvor Kreisvorsitzender Otto Hünnerkopf, die Parteierfolge abhaken, die Mitglieder in der Halle auf Linie trimmen und in Stimmung halten.
„Man kann sehr schnell das Vertrauen der Menschen verspielen.“
Barbara Stamm Landtagspräsidentin
Etwa beim Thema Landesbank: „Wir brauchen uns als CSU nicht zu verstecken. Wir haben uns zwar sehr einschüchtern lassen, aber wir wollen, dass die Dinge aufgeklärt werden.“ Die Konsequenzen würden erst nach dem Untersuchungsausschuss und den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gezogen.
Noch ist die CSU eine Volkspartei aber: „Man kann sehr schnell das Vertrauen der Menschen verspielen“, sagt sie. Denn Politik gestalten sei heute gar nicht mehr so einfach – zu unterschiedlich seien die Lebensentwürfe der Bürger und Wähler, als dass mit einfachen Antworten darauf eingegangen werden könne. Und deshalb sollte die Politik nur noch das ankündigen, was sie auch ausführen kann. Dabei stellt sich aber auch die Frage: „Ertragen die Menschen immer die Wahrheit?“
Ja und Nein: Wichtig ist laut Stamm dabei, die Menschen mit zu nehmen. Verpasst habe das die CSU in Teilen der Bildungspolitik. Die Einführung des G 8 sei durchaus richtig – falsch gewesen sei das Wie. Es könne nicht sein, dass der gleiche Stoff in einem Jahr weniger vermittelt werde. Da gibt Stamm handwerkliche Fehler zu. Und das in einem wichtigen Feld der Politik, denn: „Die Sozialpolitik des 21. Jahrhunderts ist die Bildungspolitik.“
Das sind die zwei Stichworte, die für Stamm Schwerpunkte ihrer Politik sind. „Ob wir wollen oder nicht: Wir müssen im Kleinkindbereich anfangen.“ Integration gelte nicht nur für Migrantenkinder, von denen es künftig immer mehr geben wird. Da nimmt Stamm kein Blatt vor den Mund, auch wenn es ihr klar ist, dass das im Publikum vielleicht nicht ganz so gut ankommt. Aber die Integration schon im Kleinkindbereich wird auch bei den vielen Einzelkindern immer wichtiger. „Wir sind gut aufgestellt in der Bildungspolitik in Bayern, aber nicht so gut, dass wir nicht noch besser werden können.“ Und deshalb werde im nächsten Doppelhaushalt auch in drei Bereichen nicht gespart: In der Bildung, bei den Familien und in der Innovation.
„Wir hetzen nur noch durch die Gegend und lassen uns keine Zeit für die wirklich wichtigen Dinge.“
Barbara Stamm Landtagspräsidentin
Dazu sei es gut, dass doch noch Geld in den Kassen ist: „Das Sparen unter Stoiber war nicht falsch – nur das Wie“, kann sie sich einen Seitenhieb auf die Vergangenheit nicht ersparen.
Und sie spricht sich für den Doppelweg aus: Die Talente und die Eliten in der Bildung stark fördern und Anreize schaffen, dass sie hier bleiben. Dann bleibe auch genug übrig, sich um die Schwachen in der Gesellschaft zu kümmern, was Stamm ein Anliegen ist. Mehr Solidarität in der Gesellschaft – das ist wichtig für sie. Aber dazu sei auch Besinnen und Innehalten nötig: „Wir hetzen nur noch durch die Gegend und lassen uns keine Zeit für die wirklich wichtigen Dinge.“ Liebe, Zuneigung, für einander da sein und Wurzeln bilden, das sei nicht nur wichtig für Kinder: „Das braucht übrigens jeder“.
Wer seine Kinder zu Hause betreut, der soll dafür auch belohnt werden: Da ist sie ganz auf Parteilinie. Aber Stamm fordert mehr: Etwa mehr Akzeptanz für Väter in der Kinderbetreuung. Da immer noch gilt, dass Bildung auch eine Frage der Herkunft und des Hintergrunds ist, will sie auch mehr Kinderbetreuung, was schon im Kleinkindbereich anfängt. Und natürlich auch die Ganztagsschule, ein Thema, mit dem sie schon vor Jahren vergeblich in ihrer Partei hausieren war. Und mehr Differenzierung im schulischen Bereich: Was für eine Schule in München richtig ist, muss für Wiesentheid noch lange nicht zutreffen.
Und am Ende dann noch eine neue Tonart: Weg vom gesellschaftlichen Reparaturbetrieb. „Wir als CSU müssen schauen, dass die Reparaturkosten der Gesellschaft nicht immer größer werden.“ Dazu gehöre auch ein neuer Umgang mit den freiwilligen Leistungen, „Sonntagsreden nützen nichts mehr“, sagt Stamm. Die Gemeinden müssten bei den freiwilligen Leistungen unterstützt werden, um diese Reparaturkosten nicht noch weiter steigen zu lassen.
Viel Beifall am Ende einer Rede, die sicher mehr an Inhalten hatte, als die üblichen Stammtischparolen bei solchen Anlässen.